Oberstufe

Klasse 9 bis 13

Auf eigenen Füßen stehen
Mit der Oberstufe endet die Zeit des Klassenlehrers. Der Epochenunterricht (die ersten zwei Stunden am Tag) wird nun auch von Fachlehrern unterrichtet. Dabei unterscheidet sich der Lehrplan nicht nur organisatorisch, sondern auch methodisch von der Unter- und Mittelstufe.  Der bildhafte Unterricht der Jahre zuvor wird in der Oberstufe aufgenommen und in begrifflicher und wissenschaftlicher Weise fortgeführt. Eine Stütze auf diesem Weg bleibt die bestehende Klassengemeinschaft, die sich die bisherigen acht Jahre entwickelt hat. Fächer wie Fremdsprachen werden weiter regelmäßig mehrmals die Woche unterrichtet.

Der Rahmen der eigentlichen Waldorfschule spannt sich bis zur 12.Klasse. Im Anschluss daran können sich in einer 13. Klasse diejenigen Schüler auf das Abitur vorbereiten, die diesen Abschluss anstreben – erfahrungsgemäß etwa die Hälfte der Schüler. Nach der 12. Klasse kann die Realschulabschlussprüfung abgelegt werden, in Einzelfällen ist auch ein Hauptschulabschluss schon vorher möglich. Der Lehrplan in der Oberstufe geht wieder von der Entwicklung der Schüler/-innen, die aus. Was in den unteren Klassen in allen Fächern bildhaft angelegt worden ist, greifen die Oberstufenlehrer/-innen jetzt in einer neuen begrifflichen Form auf. An der Objektivität und Exaktheit der Naturwissenschaften lernen die Jugendlichen vorurteilsfreies Denken. Indem sie sich intensiv mit deutscher und fremdsprachiger Literatur sowie mit Geschichte, sozialen und politischen Zusammenhängen auseinandersetzen, entwickeln sie ein Gefühl für menschliche Schicksale und für die Verantwortung, die damit verbunden ist. Vielfalt im künstlerisch-handwerklichen Unterricht wie Schmieden, Korbflechten, Schneidern, Schreinern und Weben, verbunden mit unterschiedlichen Praktika, schaffen die Grundlage für eine lebenspraktische Ausbildung, die dem jeweiligen Entwicklungsstand der Schüler/-innen entspricht. Wenn sich Willen, Gefühl und Denken der Schüler/-innen gesund entwickeln können, treten die für dieses Alter typischen Phasen der Lustlosigkeit und der Kritiksucht nur als vorübergehende Stimmungen und nicht als ein lebensbestimmendes Element auf. Immer wieder wird die Befürchtung geäußert, die vielfältigen Aktivitäten an den Waldorfschulen könnten dazu führen, dass weniger Jugendliche zu qualifizierten Abschlüssen kommen als an staatlichen Schulen. Die Erfahrung zeigt, dass diese Befürchtung unbegründet ist: Dadurch, dass die Heranwachsenden nicht nur intellektuell angesprochen werden, entwickeln sie Kräfte, die ihnen helfen, den Prüfungsanforderungen gewachsen zu sein.